Der Faszination einer spannenden Familiengeschichte ist wohl kaum zu entrinnen. Schicksale fesseln, lassen mitfreuen und mitleiden und werfen immer auch den Blick auf die eigene Geschichte.
Die Buddenbrooks (1901) von Thomas Mann, Das Geisterhaus (1984) von Isabel Allende, Die Jahrhundertsaga von Ken Follett (In 3 Bänden folgen wir der Geschichte von 4 Familien aus Russland, Deutschland, England und Amerika in der Zeit zwischen dem ersten Weltkrieg und dem Fall der Berliner Mauer) oder vom selben Autor die vierbändige Kingsbridge-Reihe aus dem Mittelalter und auch die Fernsehserie Dallas (Familie Ewing) zeigen umfassende Einblicke in Familien und deren Werdegang – und haben mich mit Haut und Haar eingesogen.
«Terra di Sicilia» unterscheidet sich von den detailreichen und sehr realistischen Schilderungen obiger Werke. Es gibt zwar auch in diesem Buch Passagen voller Aktion. Der Patriarch Barnaba Carbonaro arbeitet sich aus der Armut einer sizilianischen Feldarbeiterfamilie heraus und steigt zum erfolgreichen Grosshändler von Südfrüchten auf dem Münchner Früchtemarkt auf. Dazwischen wird dann aber auch den feinen Beschreibungen der Feldarbeit in den Zitrusanlagen, der Schönheit und Ausstrahlung Siziliens, den Träumen und Wünschen des jungen Barnaba und den feinstofflichen Mysterien weitergezogener Familienmitglieder Raum gelassen. Da sind die erniedrigenden Erfahrungen des jungen Barnaba als Model eines adeligen Fotografen, die gescheiterten Liebesbeziehungen und die Rückschläge im Geschäftsleben. Da sind aber auch die Zwiegespräche mit dem Wind, der lauen Luft und mit den Geistwesen oder die verspielte Beschreibung süsser Köstlichkeiten aus der Küche Siziliens.
«Terra di Sicilia» lässt eintauchen in eine vergangene Gesellschaft und weckt Erinnerungen an unsere eigenen Familienferien in Cefalu auf Sizilien.
Christoph Rüegg